Vom Nutzen von Nutzhanf


Schon während der 2. Sommerakademie 2021 in Großderschau konnte paho. Zentrum für Papier mit dem Landschaftspflegeverband Prignitz – Ruppiner Land e.V. und seinem „Kompetenznetzwerk Nutzhanf“ zusammenarbeiten. Kürzlich erschien eine Informationsbroschüre mit dem Titel „Hanf – Neue Perspektiven für Klima, Wirtschaft und Region“, in der auch einige Netzwerkpartner zu Wort kommen. Die gedruckte Ausgabe mit Umschlag aus 100 Prozent Hanfpapier ist leider schon vergriffen, aber auch die digitale Variante ist es wert, gelesen zu werden.
Mit diesem Beitrag geben wir einige Auszüge aus der Broschüre wieder, die über das Netzwerk und seine Ziele, aber auch über die Hanfpflanze und ihr Potential als alternative Kulturpflanze informieren:
„Der Landschaftspflegeverband Prignitz – Ruppiner Land e.V. (LPV) wurde 2017 gegründet und ist damit einer der jüngeren LPV in Brandenburg. Die Hauptanliegen des LPVs sind der Erhalt einer vielfältigen, artenreichen Kulturlandschaft, die Unterstützung der ortsansässigen Landwirtschaft und die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Inzwischen hat er über 60 Mitglieder und engagiert sich in vielen erfolgreichen Projekten. Eines davon in das Hanf-Projekt. […] Ende 2018 sind wir innerhalb des LPV vor allem wegen der ackerbaulichen Vorteile von Hanf auf das Thema gestoßen. Die Pflanze gedeiht auch auf unseren mageren, sandigen Böden und benötigt kaum Pflanzenschutz. Damit ist sie eine Alternative zum weitverbreiteten Silomais-Anbau oder der Flächennutzung durch Photovoltaik-Anlagen. Selbst bei längeren Dürreperioden ist die Hanfpflanze ziemlich robust und sorgt durch ihr Wurzelwerk für eine gute Bodengare. Dies macht sie (nicht nur) auf den sandigen Böden im Nordwesten Brandenburgs zu einem besonders spannenden Fruchtfolgeglied, vor allem auch vor dem Hintergrund von immer häufigeren und längeren Trockenphasen, die die Klimakrise mit sich bringt.
Die Vielfalt an Produkten, die sich aus Hanf herstellen lässt, ist enorm. Prinzipiell lässt sich jeder Teil der Pflanze verarbeiten. So lassen sich aus Blüten, Blättern und Körnern gesunde Lebensmittel wie Hanf-Tee und -Öl herstellen. Die Stängel (mit ihren Fasern und Schäben) liefern eine Vielzahl an nachhaltigen Produkten für den täglichen Gebrauch, zum Beispiel Dämmmaterial, Bausteine, Textilien, Papier und vieles mehr. In jedem dieser Hanfprodukte wird das CO₂ aus der Atmosphäre gebunden, das die Pflanze mittels Photosynthese aus der Atmosphäre holt. Zwar bindet Hanf pro Hektar bezogen nicht mehr CO₂ als andere sommergrüne Ackerkulturen wie Mais oder Kartoffeln, aber haltbare Verbraucherprodukte oder eine langfristige Verwendung als Baumaterial können die Pflanze zu einer effizienten CO₂-Senke werden lassen. [….]
Angesichts all dieser Fragen schien es uns am sinnvollsten, ein „Kompetenz- und Informationszentrum Hanf“ aufzubauen. Hier können alle Themen bearbeitet werden: angefangen bei Anbauberatung über Laborleistungen bis zur Verwaltung eines Maschinenrings. Uns war schnell klar, dass wir nicht die ersten waren, die sich mit dem Thema beschäftigt hatten, und dass wir alleine wenig ausrichten können. Um etwas zu erreichen, mussten wir weitere Akteure beteiligen.“ Im Weiteren geht es um die Zusammenarbeit mit dem Hanfbaustoffhersteller Hanffaser Uckermark, der Hanf- und Nesselfaser herstellenden Company NFC GmbH in Mecklenburg und der Landwirtschaftskammer NRW, da das Bundesland inzwischen einige Erfahrungen auf dem Gebiet des Hanfanbaus hat.
Weiter schreibt Andreas Bergmann, Vorsitzender des LPV: „Bei unseren Gesprächen haben wir schnell gesehen, dass eines der größten Probleme immer noch die rechtliche Rahmengestaltung des Nutzhanfanbaus ist. Die aktuelle Regelung über das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) beinhaltet einen zu niedrigen Grenzwert. Die Vermarktung von Lebensmitteln aus Hanf wird zudem von den Richtlinien des ‚Bundesinstituts für Risikobewertung‘ (BfR) erheblich erschwert. […] Wegen der berauschenden Wirkung seiner Blüten war der Anbau von ,Cannabis sativa‘ in Deutschland zwischen 1982 und 1996 verboten. Erst seit 1996 darf Nutzhanf wieder angebaut werden. Die Auflagen für den Anbau sind jedoch sehr hoch. Zugelassen sind in Deutschland nur Hanfsorten, deren THC-Gehalt unter 0,2 Prozent liegt.
In den vergangenen Jahren hat der Anbau der Nutzpflanze Hanf in der Europäischen Union zunehmend an Bedeutung gewonnen. Während im Jahr 2015 Hanf lediglich auf einer Fläche von 19.970 Hektar angebaut wurde, lag die Anbaufläche im Jahr 2020 bereits bei 34.540 Hektar. Das führende Anbauland in der EU stellte dabei Frankreich dar.
Mittlerweile zeigt Hanf andere Qualitäten: Sein schneller Wuchs und die Fähigkeit, CO₂ zu binden, machen ihn zu einem Helfer in der Klimakrise. Forschungen zeigen die gesundheitsfördernde Wirkung der Inhaltsstoffe der Samen. Und auch das berauschende THC darf wieder als Medikament seine heilende Wirkung unter Beweis stellen.“
Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer vom Branchenverband Cannabiswirtschaft e.V., schreibt in der Broschüre über die Perspektive von Hanf als Genussmittel: „Mit der politischen Willenserklärung der rot-grün-gelben Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag im November 2021 zu legalen Abgabe von Cannabis an Erwachsene steigen die Beteiligten in Umsetzungsfragen hierzu ein. Dies ist sicherlich ein schwieriger Prozess, da Cannabis als Betäubungsmittel deklariert ist, internationale Verträge gelten und viele gesellschaftlichen Vorbehalte berücksichtigt werden müssen. […] Der Wunsch nach größtmöglicher Reduzierung des Schwarzmarktes und einem effektiven Jugendschutz wird viele sehr detaillierte Regularien nach sich ziehen. Trotzdem bleibt Cannabis – auch als Droge bzw. Genussmittel – ein Agrarprodukt; eine Pflanze; vergleichbar mit Wein oder Tabak. Allerdings mit deutlich mehr Einsatzmöglichkeiten als diese Pflanzen, insbesondere für Klima- und Umweltschutz.“
Die Broschüre läßt außerdem Hanfbauern, Pioniere der Hanfforschung und das Hanfbaukollektiv der Region zu Wort kommen, erklärt die Eigenschaften von Hanfkalk und bietet sogar ein Anbautelegramm Hanf. Auf einer Seite wird auch unser Projekt des vergangenen Jahres „Faser-Stoff-Papier. Landart 2.0“ vorgestellt. Alles in allem Hintergrundwissen pur zum Thema der diesjährigen 3. Sommerakademie „Hanf und Flachs“.
Unter https://lpv-prignitz-ruppin.de/files/theme/Redaktion/Projekte/Hanf/Downloads/Hanf_-_Neue_Perspektiven.pdf kann die Broschüre heruntergeladen werden.

Jan Paki vom „Kompetenznetzwerk Nutzhanf“ mit der Künstlerin Ilka Raupach beim Hanf-Feldtag in Zempow, 2021
Der Hanf-Feldtag findet in diesem Jahr am 30. Juni 2022 auf der Bio Ranch Zempow statt. Neben einer Feldbesichtigung und einer Diskussion über Anbautechniken werden verschiedene Baumaterialien aus Hanf vorgestellt, dabei geht es sicher auch wieder um die Herstellung von Hanfkalk, wie im Bild zu sehen.
Fotos: Anke Meixner

https://www.lpv-prignitz-ruppin.de

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